INTERVIEW/296: Treffen um Rosa Luxemburg - Revolutionärer Lernprozeß ... Domenico Losurdo im Gespräch (1) (SB)
Die Hierarchie der imperialistischen Kriegstreiber
Interview am 10. Januar 2016 in Berlin
Der italienische Philosoph und Publizist Domenico Losurdo ist Professor für Geschichte der Philosophie an der Universität Urbino sowie Präsident der Internationalen Gesellschaft für dialektisches Denken. Zusammen mit dem 2011 verstorbenen Hans Heinz Holz gab er die philosophische Halbjahresschrift Topos heraus. In den 1960er Jahren trat er der Kommunistischen Partei Italiens bei, nach deren Auflösung im Jahr 1991 er Mitglied der Partito della Rifondazione Comunista wurde. Derzeit gehört er der Partito dei Comunisti Italiani an und ist Präsident der Associazione Politica e Culturale MARX XXI, die unter anderem die kommunistische Zeitschrift Marx Ventuno herausgibt.
Zu seinen wichtigsten Büchern zählen "Kampf um die Geschichte. Der historische Revisionismus und seine Mythen - Nolte, Furet und die anderen", "Die Gemeinschaft, der Tod, das Abendland" über die Haltung der deutschen Geisteswissenschaftler gegenüber dem Ersten Weltkrieg sowie in jüngerer Zeit "Stalin: Geschichte und Kritik einer schwarzen Legende" (2013) und "Gewaltlosigkeit: Eine Gegengeschichte" (2015).
Domenico Losurdo gehörte zu den Podiumsteilnehmern der Diskussionsveranstaltung "Antiimperialismus heute", zu der die Europäische Linke am Vorabend ihres Jahresauftakts in Berlin eingeladen hatte. Der Schattenblick nahm die Gelegenheit wahr, ihm einige Fragen zu den maßgeblichen imperialistischen Kriegstreibern, zum ökonomischen Kolonialismus, zur Gewaltlosigkeit bei Gandhi, zur historischen Bewertung Stalins wie auch zu einer sozialistischen Perspektive zu stellen.
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Schattenblick (SB): Herr Losurdo, bei der gestrigen Podiumsdiskussion zum Thema "Antiimperialismus heute" stand der Vorschlag im Raum, Antikapitalismus und Antiimperialismus zu trennen, weil letzterer leichter zu vermitteln und folglich bündnisfähiger sei. Ist das aus Ihrer Sicht ein sinnvolles Argument?
Domenico Losurdo (DL): Wir können sagen, daß Kapitalismus, Faschismus und Imperialismus zusammengebunden sind. Aber wir sollten uns auch Gedanken darüber machen, daß für den Kampf gegen den imperialistischen Krieg eine breitere Front erforderlich ist. Angesichts der Gefahr eines Krieges, sogar eines Atomkrieges, ist zwangsläufig das ganze Volk daran interessiert, diese Tragödie abzuwenden. Wir müssen daher das gesamte Volk ansprechen, um den Krieg zu verhindern. Aber das bedeutet nicht, daß Kommunisten nicht belegen könnten, daß erst die Abschaffung des Kapitalismus die Kriegsgefahr endgültig abwenden kann. Zunächst geht es jedoch darum, diese konkrete Kriegsgefahr zu bannen...
Die Hierarchie der imperialistischen Kriegstreiber
Interview am 10. Januar 2016 in Berlin
Der italienische Philosoph und Publizist Domenico Losurdo ist Professor für Geschichte der Philosophie an der Universität Urbino sowie Präsident der Internationalen Gesellschaft für dialektisches Denken. Zusammen mit dem 2011 verstorbenen Hans Heinz Holz gab er die philosophische Halbjahresschrift Topos heraus. In den 1960er Jahren trat er der Kommunistischen Partei Italiens bei, nach deren Auflösung im Jahr 1991 er Mitglied der Partito della Rifondazione Comunista wurde. Derzeit gehört er der Partito dei Comunisti Italiani an und ist Präsident der Associazione Politica e Culturale MARX XXI, die unter anderem die kommunistische Zeitschrift Marx Ventuno herausgibt.
Zu seinen wichtigsten Büchern zählen "Kampf um die Geschichte. Der historische Revisionismus und seine Mythen - Nolte, Furet und die anderen", "Die Gemeinschaft, der Tod, das Abendland" über die Haltung der deutschen Geisteswissenschaftler gegenüber dem Ersten Weltkrieg sowie in jüngerer Zeit "Stalin: Geschichte und Kritik einer schwarzen Legende" (2013) und "Gewaltlosigkeit: Eine Gegengeschichte" (2015).
Domenico Losurdo gehörte zu den Podiumsteilnehmern der Diskussionsveranstaltung "Antiimperialismus heute", zu der die Europäische Linke am Vorabend ihres Jahresauftakts in Berlin eingeladen hatte. Der Schattenblick nahm die Gelegenheit wahr, ihm einige Fragen zu den maßgeblichen imperialistischen Kriegstreibern, zum ökonomischen Kolonialismus, zur Gewaltlosigkeit bei Gandhi, zur historischen Bewertung Stalins wie auch zu einer sozialistischen Perspektive zu stellen.
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Schattenblick (SB): Herr Losurdo, bei der gestrigen Podiumsdiskussion zum Thema "Antiimperialismus heute" stand der Vorschlag im Raum, Antikapitalismus und Antiimperialismus zu trennen, weil letzterer leichter zu vermitteln und folglich bündnisfähiger sei. Ist das aus Ihrer Sicht ein sinnvolles Argument?
Domenico Losurdo (DL): Wir können sagen, daß Kapitalismus, Faschismus und Imperialismus zusammengebunden sind. Aber wir sollten uns auch Gedanken darüber machen, daß für den Kampf gegen den imperialistischen Krieg eine breitere Front erforderlich ist. Angesichts der Gefahr eines Krieges, sogar eines Atomkrieges, ist zwangsläufig das ganze Volk daran interessiert, diese Tragödie abzuwenden. Wir müssen daher das gesamte Volk ansprechen, um den Krieg zu verhindern. Aber das bedeutet nicht, daß Kommunisten nicht belegen könnten, daß erst die Abschaffung des Kapitalismus die Kriegsgefahr endgültig abwenden kann. Zunächst geht es jedoch darum, diese konkrete Kriegsgefahr zu bannen...
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Seconda parte
Sozialismus - weder verraten noch gescheitert (Socialismo: né tradimento, né fallimento)
Interview am 10. Januar 2016 in Berlin
Im ersten Teil des Interviews mit dem italienischen Philosophen und Publizisten Domenico Losurdo kamen die maßgeblichen imperialistischen Kriegstreiber, der ökonomische Kolonialismus und die vermeintliche Gewaltlosigkeit Gandhis zur Sprache. Der nun folgende zweite Teil des Gesprächs thematisiert die angeblichen Religions- und Kulturkriege der Gegenwart, die historische Bewertung Stalins sowie die sozialistische Perspektive.
Schattenblick (SB): Ethnisch oder religiös konnotierte Kriege größeren Ausmaßes schienen lange ein Relikt aus einer mehr oder minder fernen Vergangenheit zu sein. Im Zuge des proklamierten "Kampfs der Kulturen" wurden sie wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Auf welche Weise werden militärische Auseinandersetzungen unter diesem Vorzeichen initiiert und befeuert?
Domenico Losurdo (DL): Wir dürfen in diesem Zusammenhang die Verantwortung des Westens nicht vergessen oder verschweigen. Wie wurde der zweite Golfkrieg 2003 gegen den Irak seitens des Westens vorbereitet und durchgeführt? In aller Offenheit unterstützte man die Schiiten gegen den Sunniten Saddam Hussein, worauf man nach dem Bürgerkrieg versuchte, umgekehrt die Sunniten gegen die Schiiten auszuspielen. Das vollständige Zerwürfnis zwischen Sunniten und Schiiten ist das Ergebnis der neokolonialen Kriege, die im Mittleren Osten ausgetragen wurden. Ich habe in meinem gestrigen Vortrag von den Plänen US-amerikanischer Neokonservativer gesprochen, die schon 2003 eine Fragmentierung des Irak ins Auge faßten. Heute gehen amerikanische Strategen daran, nach dem Irak auch Syrien auf diese Weise zu zerschlagen.
Das war auch die Tragödie Jugoslawiens, das zwar...
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Clara - Ausgabe 39
Seconda parte
Sozialismus - weder verraten noch gescheitert (Socialismo: né tradimento, né fallimento)
Interview am 10. Januar 2016 in Berlin
Im ersten Teil des Interviews mit dem italienischen Philosophen und Publizisten Domenico Losurdo kamen die maßgeblichen imperialistischen Kriegstreiber, der ökonomische Kolonialismus und die vermeintliche Gewaltlosigkeit Gandhis zur Sprache. Der nun folgende zweite Teil des Gesprächs thematisiert die angeblichen Religions- und Kulturkriege der Gegenwart, die historische Bewertung Stalins sowie die sozialistische Perspektive.
Schattenblick (SB): Ethnisch oder religiös konnotierte Kriege größeren Ausmaßes schienen lange ein Relikt aus einer mehr oder minder fernen Vergangenheit zu sein. Im Zuge des proklamierten "Kampfs der Kulturen" wurden sie wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Auf welche Weise werden militärische Auseinandersetzungen unter diesem Vorzeichen initiiert und befeuert?
Domenico Losurdo (DL): Wir dürfen in diesem Zusammenhang die Verantwortung des Westens nicht vergessen oder verschweigen. Wie wurde der zweite Golfkrieg 2003 gegen den Irak seitens des Westens vorbereitet und durchgeführt? In aller Offenheit unterstützte man die Schiiten gegen den Sunniten Saddam Hussein, worauf man nach dem Bürgerkrieg versuchte, umgekehrt die Sunniten gegen die Schiiten auszuspielen. Das vollständige Zerwürfnis zwischen Sunniten und Schiiten ist das Ergebnis der neokolonialen Kriege, die im Mittleren Osten ausgetragen wurden. Ich habe in meinem gestrigen Vortrag von den Plänen US-amerikanischer Neokonservativer gesprochen, die schon 2003 eine Fragmentierung des Irak ins Auge faßten. Heute gehen amerikanische Strategen daran, nach dem Irak auch Syrien auf diese Weise zu zerschlagen.
Das war auch die Tragödie Jugoslawiens, das zwar...
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Clara - Ausgabe 39
29.02.2016 –
Domenico Losurdo
Freiheit von Not und Furcht
Die heutige Offensive der Rechten gründet auf dem Neoliberalismus und Neokolonialismus. Um dagegenzuhalten, müsse sich die Linke auf eine traditionsreiche Losung besinnen, schreibt Domenico Losurdo.
Am 6. Januar 1941, während der vom Dritten Reich entfesselte Weltkrieg
wütete, hob der damalige US-amerikanische Präsident in einer Rede
hervor, dass selbstverständlich der Respekt vor den traditionellen
liberalen Freiheiten, aber auch die Grundsätze „Freedom from Want“
(deutsch: Freiheit von Not) und „Freedom from Fear“ (deutsch: Freiheit
von Furcht) Bedingungen für eine Friedensordnung sein müssten.
In einer Welt, in der erhebliche Massen von Menschen dem Hunger
ausgeliefert waren, konnte es keine Stabilität geben. Aber was machte es
für einen Sinn, von Frieden zu sprechen, wenn die kleineren Staaten mit
der Bedrohung leben mussten, von den mächtigeren Staaten bombardiert,
angegriffen und überfallen zu werden?...
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